Es gab wieder eine Demeter-Kuh, die dem Züchter nicht so gefallen hat, und das Kalb konnte nicht alleine bleiben. Reflexartig hatte ich schon eine Lende gesichert, da fiel mir ein, daß ich schon lange etwas vom Milchkalb ausprobieren wollte: Bries!
Das Bries ist nicht das Hirn. Das vorweg, denn jeder zweite, mit dem ich meine Freude über den Fang teilte, dachte an Brägen. Brägen und Bries sind ganz unterschiedliche Dinge. Ich meine hier die Thymus-Drüse des Milchkalbs, welche in seiner Brust sitzt und dort beim Aufbau des Immunsystems hilft. Animelle di vitello oder ris de veau in Ländern, in denen man es eher ißt als hier. Es ist eine edle Innerei mit feiner Konsistenz und nussigem Geruch und Geschmack.
Zur Vorbereitung mußte das Bries zunächst ein paar Stündchen ins kalte Wasser, wie mir diverse Quellen im Netz rieten. Dann gingen die Meinungen auseinander: entweder erst blanchieren, dann zerpflücken, dann weiterverarbeiten, oder direkt zerpflücken und weiterverarbeiten. Ich entschied mich fürs Blanchieren, weil das rohe Stück so weich war, daß ich Angst hatte, es komplett zu zerstören. Warum überhaupt zerpflücken? Weil die einzelnen zarten Teile in Bindegewebekammern sitzen. Und das Bindegewebe ist halt zäh, deswegen will man es entfernen.
Nach dem Blanchieren roch das Bries schon sehr lecker. Es war etwas mühselig zu zerteilen, aber insgesamt machbar. Die gehäuteten Einzelteile erinnern in der Konsistenz an feines Hähnchenfleisch, riechen aber anders. Bei mir ging es nun in die Pfanne mit Butter, dann weiter in eine leckere Sherry-Reduktion aus halbtrockenem Sherry, aufgemotzt mit Kalbsfond, den ich noch eingefroren hatte. Eine Variation einer Soße, die ich schon im Blog vorgestellt hatte.
Es gab selbstgemachte Bandnudeln dazu. Insgesamt war das sehr lecker. Ein Tick weniger Sherry wäre mehr gewesen, aber für den ersten Versuch nicht schlecht.
Vermutlich durch das Blanchieren und entsprechend mehrfache Erhitzen jedoch war das Bries weniger fein als ich es aus dem Restaurant kannte. Ich werde das nächste Mal, wenn es Kalb geben sollte, etwas anders vorgehen und nicht blanchieren, sondern mein Glück mit dem Rohhäuten versuchen.
Angetan war ich auch von den kompetenten Käufern auf dem Wochenmarkt: als wir zum Abholen unserer reservierten Kalbsteile am Stand ankamen, hatten schon drei Kunden vor uns nach dem Bries gefragt, und die Nieren waren auch schon weg. Ein paar Knochen hab ich aber trotzdem noch zusätzlich zur Bestellung bekommen, und auch ein paar Beinscheiben waren noch drin. Die Lende war auch ausgezeichnet. Hauptgewinn, sozusagen!
Oh, Zeit fürs Kochen – ist das andere Projekt etwa schon abgeschlossen?
Ich hatte ja durchaus Zeit zum Kochen, aber ich hatte keinen Antrieb, zu berichten. Das Bries war aber doch etwas Besonderes.
Er hackt wieder! Hurra! Mehr davon, bitte.
Kalbsbries, Neid!