So, nun endlich die Auflösung des Bilderrätsels: wir basteln eine Cassata Siciliana. Cassata? Eistorte? Nein, eine sizilianische Cassata ist eine Art Könginnentorte, wie ich sie auch auf der Speisekarte bezeichnet habe; eine schwere Angelegenheit, die gut aussieht und sehr lecker ist.
Genauer ist eine Cassata Siciliana eine gefüllte Schichttorte bzw. eher Schalentorte. Von außen nach innen: Verzierungen aus kandierten Früchten, Zuckerguß, Marzipan, in Sirup getränkter Biskuit, Ricottakrem mit kandierten Früchten und Schokostückchen. Das basteln wir jetzt.
Außen gehört die Cassata zweifarbig grün und weiß. Entweder man nimmt grünes und weißes Marzipan, oder man nimmt grünes Marzipan und Biskuit für die Außenhülle. Ich habe mich für die Marzipanbombe entschieden.
Vorbereitung
- weißes Marzipan herstellen
- grünes Marzipan herstellen
- Früchte kandieren, z.B. Aprikosen
- Biskuit backen
Von den kandierten Zitronenschalen benutze ich den Zuckersirup, um den Biskuit zu tränken. Es gibt hier viele Möglichkeiten für den Sirup. Es geht auch einfach Wasser mit Zucker und Rum, aber ich wollte einen schönen zitronigen Geschmack und hatten den Sirup eh.
Da ich ein Spielkind bin, wollte ich die grünen Pistazienmarzipanteile und die weißen Normalmarzipanteile über eine Halbkugel symmetrisch verteilen. Da bietet sich ein Rhombenikosidokekaeder an, das man zweifarbig (und sogar auch noch dreifarbig, wenn man will), symmetrisch kacheln kann, ohne daß zwei gleichfarbige Kanten aneinanderstoßen. Die weißen und die grünen Flächen sind in der Summe sogar fast gleichgroß. Perfekt für mich.
Der erste Schritt ist also der Bau von drei-, vier- und fünfeckigen Marzipanausstechern mit einer Seitenlänge von 46mm, was genau für eine 20cm Halbkugelform paßt (für andere Kugeldurchmesser bitte Dreisatz anwenden).
Zutaten für die Marzipanaustecher
- Messingblech 0,5mm
- Lötzinn
Utensilien
- Blechschere
- Zange
- Lineal
- Lötkolben
Bauanleitung
- Messingblech in drei ca. 4cm breite Streifen schneiden mit den Längen 5*46mm, 4*46mm und 3*46mm,
- Die drei Bleche regelmäßig biegen, so daß ein Fünf-, ein Vier-, und ein Dreieck entstehen, jeweils gleichseitig,
- Bleche zusammenlöten.
Als nächstes machen wir die Füllung:
Zutaten für die Ricotta-Füllung
- 500g (Schafs-)Ricotta, sehr frisch (noch nicht käsig!), ungesalzen
- 250g Zucker
- ca. 70g kandierte Früchte
- ca. 70g gehackte Schokolade
In Sizilien kriegt man problemlos Schafsricotta, hier aber nicht unbedingt. Als Ersatz kann man Büffelricotta nehmen, der aber auch nicht leicht zu kriegen ist. Meine Quellen haben auch versagt, und so habe ich Kuhricotta genommen, der auch lecker war. Nur nicht dogmatisch werden, wir leben schließlich nicht alle in Süditalien.
Die kandierten Früchte kann man nach Lust und Laune zusammenstellen. Ich hatte gerade beste Aprikosen kandiert, daher hab ich nur die genommen. Man kann auch mischen.
Bei der Schokolade sollte man was Ordentliches nehmen. 70%ige finde ich am besten. Im Dritteweltladen (oder Eineweltladen) gibt es z.B. fair gehandelte Schokolade, die ohne Emulgatoren lange conchiert wurde. Die finde ich genial, und sie ist absolut bezahlbar. (Ich lehne hippe Trendschokolade übrigens aus Prinzip ab – im Moment z.B. Valrhona.)
Zubereitung der Ricotta-Füllung
- Ricotta gut abtropfen lassen; er darf nicht zu naß sein, damit die Krem nicht flüssig wird.
- Ricotta und Zucker in eine Schüssel,
- Sehr gut durchmixen, bis die Masse glatt ist,
- Ca. 30 Minuten warten, bis sich der Zucker wirklich gelöst hat,
- Kandierte Früchte und Schoko dabei,
- Durchmischen.
Die Krem sollte jetzt relativ fest sein. Wenn man einen Haufen macht, soll dieser nicht wegfließen. Das ist wichtig, denn diese Festigkeit stabilisiert beim Zusammenbauen die Cassata. Also vorher den Ricotta abtropfen lassen!
Jetzt sind alle Einzelbestandteile und Werkzeuge fertig, so daß wir puzzlen können.
Zutaten für die Cassata
- ca. 300g weißes Marzipan
- ca. 300g grünes Marzipan
- zwei je ca. 12mm dicke und 24cm durchmessende Biskuitböden
- 100ml Sirup (z.B. was Zitroniges oder was mit Likör oder mit Rum)
- die Ricottakrem von oben
- 180g Puderzucker
- mehr Puderzucker zum Arbeiten
- kandierte Früchte zum Garnieren
Ich hatte je 800g Marzipan, was das Ausrollen erleichtert, weil man ja immer Verschnitt beim Ausstechen hat, und man mit knapper Marzipanmenge häufiger wieder zusammenkneten, wieder ausrollen, wieder ausstechen muß.
Zusammenbau der Cassata
- Weißes Marzipan auf 7mm Dicke ausrollen,
- 20 Vierecke ausstechen (lieber ein paar mehr).
Damit es nicht klebt, Puderzucker zum „bemehlen“ benutzen.
Bei den Vierecken kann man alternativ auch mit dem Lineal 46mm-Quadrate schneiden. Ich hab es ausprobiert, aber der Ausstecher war schneller, bequemer und genauer.
- Grünes Marzipan auf 7mm Dicke ausrollen,
- 6 Fünfecke ausstechen,
- 15 Dreiecke ausstechen.
- Form von unten her füllen: als erstes ein Fünfeck in die Mitte,
- An die Seiten jedes Fünfecks kommen Vierecke,
- Zwischen die Vierecke kommen Dreiecke.
Die Stücke jeweils gut einpudern, damit sie nachher ja nicht an der Form klebenbleiben.
- An jedes Viereck kommt wieder ein Fünfeck,
- Dazwischen kommen Vierecke,
- Im letzten Ring muß man dann die Drei- und Vierecke am Rand der Form abschneiden.
- Zum Abschluß dieser Schicht nochmal prüfen, daß es keine Lücken gibt.
- Als nächstes eine Schicht Biskuit hinein, wieder ohne Lücken,
- Kräftig mit Sirup tränken, aber aufpassen, daß das Marzipan nicht direkt naß wird.
- Die Ricottakrem einfüllen, dabei Lufteinschlüsse vermeiden.
- Zum Abschluß einen Deckel Biskuit,
- Und nochmal etwas Sirup.
- Cassata stürzen.
- Form herunternehmen.
- Jetzt bricht sie entweder auseinander, oder eben nicht. :-P
- Übermäßige Puderzuckeransammlungen mit einem Pinsel vorsichtig entfernen.
- Aus 180g Puderzucker und ein paar EL handwarmem Wasser (einzeln hinzugeben) und evtl. etwas Zitronensaft (hab ich hier nicht genommen) einen nicht zu flüssigen Zuckerguß rühren.
- Cassata damit abdecken, gleichmäßig verteilen.
- Nach Lust und Laune mit kandierten Früchten verzieren,
- Z.B. mit Zitronat, welches hier am Stück zu sehen ist (es ist viel kleiner als die Cassata im Bild direkt darüber, ca. 10cm lang).
- Man kann Zitronat z.B. in feine Streifen schneiden.
- Die fertige Torte läßt man bei Zimmertemperatur 2 Stunden trocknen.
- Dann kommt sie für 24 Stunden in den Kühlschrank zum Durchziehen.
- So sieht sie dann aufgeschnitten aus.
FAQ
- Hat das nicht unendlich lange gedauert, das zu basteln? Natürlich. Aber es war nachher lecker! Außerdem hat das Tippen dieser Anleitung vermutlich noch länger gedauert.
- Ist noch ein Stück da? Nein, es ist alles schon aufgegessen.
- Was ist denn das Schwarze obendrauf? Das sind leckere, aber verschrumpelte Kirschen, selbst kandiert. Aber das muß ich nochmal üben.
- Wie machen das sizilianische Bäcker? Da gibt es spannende Filme z.B. auf Youtube!
Ein kleine wissenschaftliche Arbeit, deine Cassata. Ich habe ja schon geahnt, dass dein Geheimnis etwas mit dem Nachtisch zu tun haben musste.
Toll geworden. Nicht nur die Cassata, auch der Artikel dazu — sehr anschaulich!
Ein Traumnachtisch.
(Achso, und was hat es mit den zwei Rhombenikosidokekaedern im oberen Teil des Artikels auf sich? Doppelt gemoppelt hält besser?)
Ah, das sollte ich noch drunterschreiben: es ist eine stereoskopische Abbildung, die man durch paralleles Draufschielen in 3D sehen kann. Da Monitore unterscheidliche Auflösungen haben, kann es sein, daß es bei dem einen mit dem kleinen Bild im Artikel besser funktioniert, und bei dem nächsten mit dem vergrößerten Bild, auf das dort verlinkt wird.
Demnächst möchte ich das Rezept für die Cassata-Vollkugel, die natürlich nicht einfach aus zwei Hälften zusammengeklebt werden darf ;-) Ich bin gespannt auf das Gerät, das du zu ihrer Herstellung ersinnen wirst.
Man muß sie einfach im Weltall zusammenbauen. Dann geht es auch leichter von innen nach außen. :-) Man hänge eine Kugel aus Ricottakrem in die Luft, klebe Biskuit drauf, usw.usf.
In welche Luft?
Wie hast Du eigentlich die 90- bzw. 108-Grad-Winkel hingekriegt? Um eine Holzform gebogen?
Ich hätte ja für das Abgeschrägte Dodekaeder plädiert, aber naja. Du solltest auch nicht die Kachelungen der Ebene aus den Augen verlieren. Zu einem Blech Rhombitrihexagonalkuchen lasse ich mich gerne mal einladen.
Die Winkel habe ich nach Augenmaß(!) gebogen. Profan, gell?
Wieso hättest Du das abgeschrägte Dodekaeder denn bevorzugt? Ich fand gut, daß keine gleichfarbigen Seiten aneinanderstoßen. Außerdem waren die verschiedenfarbigen Flächen fast gleichgroß.
Das nächste Mal, wenn ich Pflaumenkuchen backe, werde ich allerdings wohl nochmal nachdenken müssen. Gut, daß ich nicht so oft Pflaumenkuchen backe. Aber Blechpizza oder Flammkuchen eignen sich ja vielleicht auch für Kachelspiele!
„Nach Augenmaß“? Das klingt aber nicht wie Du.
Das abgeschrägte Dodekaeder ist eben schöner. Das Kachelungsproblem läßt sich umgehen, wenn man alle Teile aus einem grünen Rand mit weißem Innenteil zusammenbaut, oder umgekehrt.
Ha, das ist sehr schön! Das nächste Mal mache ich dann noch eine Form für einen Kreisausstanzer, der exakt die halbe Fläche eines jeden benutzten Einzelteils hat. Dann stanze ich erst die n-Ecke aus und stecke dann jeweils einen Kreis einer anderen Farbe in die Mitte davon. Dann ist dann sogar exakt die Hälfte der Fläche für jede Farbe.
Weitere Anleitungen mag ich auf keinen Fall mehr verpassen und sie auch nicht meiner kleinen Blogwelt vorenthalten. Darf ich Dich in meine Blogroll aufnehmen?
Aber selbstverständlich! Das finde ich gut, wenn Dir die Beiträge gefallen. Da schreibe ich gleich mehr! :-)
Was für ein Kunstwerk! Das Werk ebenso wie die Beschreibung – und die Kommentarextensionen.
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